16.06.19

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Schüler auf der Suche nach Ahorn, Holunder und Co

Liebe Lehrer.

diese kleine Nachricht ist an all diejenigen gerichtet, die ihre Schüler mal eben im Mai/Juni losschicken wollen, um ein Herbarium anzulegen. Die letzten zwei Wochen tauchten hier mehrere Kinder mit ihren verzweifelten Eltern auf und hatten alle denselben Zettel in der Hand. Die Kinder sollen innerhalb von 4 Wochen Blätter von verschiedenen, heimischen Gehölzen Pressen. So weit, so gut, so machbar. Ich habe selbst kein Problem, soweit möglich, damit Hilfe suchenden Kindern und Eltern auszuhelfen, ich freue mich sogar. Das die meisten von denen jetzt wohl auf den letzten Drücker hier aufgetaucht sind, sei einmal unkommentiert dahingestellt. Aber! Ich finde es unmöglich Kinder zu dieser Jahreszeit loszuschicken, um Blätter für ein Herbarium zu suchen. Wer sich einmal mehr damit auseinandergesetzt hat und ich habe selbst für meine Gesellenprüfung ein Herbarium mit 50 Pflanzenanlegen müssen, der weiß, dass im Frühjahr eine denkbar ungünstige Zeit ist. Schlimmer wäre wohl nur noch der Winter, wenn das meiste Laub nur noch auf dem Boden zu finden ist. Die Pflanzen sind jetzt im Wachstum, das Laub saftig und prall gefüllt mit Wasser. Nimmt man den üblichen Weg und presst das Laub, wird es schwarz. In der Liste war übrigens auch ein Holunder.... selbst im Herbst schon schwer zu pressen, ich denke jetzt unmöglich. Auch die Vorbereitung war wohl von Lehrer zu Lehrer sehr unterschiedlich. Die einen haben die Liste mit ihrer Klasse besprochen, die anderen haben einfach den Zettel herumgereicht. Wie gesagt, ich habe nur Informationen der einen Seite, ich weiß nicht wie sich die Vorbereitung wirklich abgespielt hat, da kann ich nur Anhand der Zettel und Erzählungen vermuten. Die Zettel lieferten Hinweise, aber waren meiner Meinung nach unzureichend. Die Pflanzen standen dort nur auf Deutsch. z. B.: Ahorn, Weißdorn, Holunder, Hasel, Eberesche. 
Nachdem auf alle unbeteiligten etwas im Bilde sind, nun zu meiner Botschaft.  
Liebe Lehrer, 
bitte macht euch zum Thema Pflanzen etwas mehr Gedanken! Es ist nicht so einfach ein Herbarium anzulegen, besonders wenn die Jahreszeit absolut falsch ist. Der Spätsommer oder Herbst wären optimal um das Laub zu sammeln und zu pressen. Wie sollen die Kinder eine Aufgabe lösen, der ihr nicht einmal ein paar Überlegungen mehr schenkt? Wie sollen Kinder, die nicht unbedingt viel Berührungen mit der Natur haben aus dem Nichts diese ganzen Gehölze finden? Wenn es beabsichtigt ist, wie sollen sie unterscheiden zwischen Berg- und Spitzahorn? Wie sollen sie zwischen Rotem und Schwarzem Holunder unterscheiden? Ich finde es besonders wichtig den heutigen Kindern die Natur mit Flora und Fauna näher und nahezubringen. Das gelingt aber nur mit ausreichend Hilfe, Enthusiasmus und Interesse an dem, was da vermittelt werden soll. Unter dem Vorwand "Note aufbessern" werden die Kinder losgeschickt und können eigentlich nur verlieren. Eine Arbeit, die eigentlich im besten Fall mit ausreichend bewertet werden kann, finde ich dafür ungeeignet. Es sollte die Möglichkeit geben ein "sehr gut" zu erreichen, das Ziel sehe ich aber nicht. Es sind die Pflanzen die unser überleben sichern und für saubere Luft sorgen! In einer Zeit in der so viel über Feinstaub, Stickoxide, Artensterben und Klimawandel gesprochen wird, ist es doch besonders wichtig die jüngste Generation dafür zu sensibilisieren und im besten Fall sogar zu begeistern! Ohne ausreichend Wissen über die Umwelt und Begeisterung an der Natur wird das aber nicht gelingen. Es wäre schade, wenn das einzige was den Schülern an dem Herbarium bleibt Unmut über die Note und schwarzes oder zerbröseltes Laub in der Mappe bleibt. Jemand muss sich doch kümmern, dass es bald nicht überall so aussieht?!